Der Fluch der Patriarchen

VW ist nur ein Beispiel

Der Patriarch – die Medien gebrauchen dies Wort häufig als Kosewort: der Patriarch steht an der Spitze einer Firma und führt sie zum Erfolg, väterlich und unangefochten. Güte und überlegene Kompetenz signalisiert diese Bezeichnung, na ja ein bisschen altmodisch, aber stets auf das Wohl Aller bedacht.

Die Wirklichkeit sieht häufig anders aus und steht für eine Garantie des Scheiterns. Max Grundig steht für die Wirklichkeit, er war der Patriarch in seinem Radio- und Fernseh-Imperium – ja, Patriarchen regieren ein Reich – , er hat vor vielen Jahren die japanische Herausforderung nicht ernst genommen und seine Firma in den Untergang geführt. Wer kennt heute noch die Familie Schickedanz, früher die Patriarchen von Quelle? Es ist eine unrühmliche Reihe, persönlicher Reichtum der Chefs und Arbeitsplatzverlust für die Mitarbeiter sind verbunden.

Volkswagen setzt die Reihe fort. Piëch, Porsche, Winterkorn und noch ein paar Namen stehen für fatales Missmanagement an der Spitze. “Premium” war der Anspruch in der Werbung, bekommen haben die deutschen Kunden eine Mogelpackung. Deutsche Kunden werden verhöhnt, sie warten ohne Ende auf eine Reparatur ihrer mangelhaften Autos und können zusehen, wie VW in den USA Milliarden für dasselbe Problem ausschüttet. Deutsche Kunden sind noch dazu doppelt betroffen: was VW in den USA zahlt, mindert den Gewinn des Konzerns, und das trifft nicht nur die Familien Piëch und Porsche, sondern auch das Land Niedersachsen als VW-Aktionär.

Unternehmenskultur ist das Zauberwort zur Erklärung des Desasters. Der Patriarch neigt grundsätzlich zu despotischem Verhalten, seine Firmenkultur besteht aus Druck von oben und Angst unten. Die Überbringer schlechter Nachrichten wurden schon in der Geschichte gern einen Kopf kürzer gemacht, Kritiker genauso, und Fehler werden bestraft. Das ist der beste Nährboden für Desaster wie jetzt bei VW. Die Entwicklung eines neuen Motors kostet Milliarden, und wenn die ausgegeben sind und die Abgase dreckig, müssen ganz viele (Unter-) Häuptlinge um ihr Leben fürchten. Was liegt da näher, als zu verschweigen und zu vertuschen? Fehlerkultur – offensichtlich ein Fremdwort bei VW, obwohl es durchaus auch anders geht.

Wir alle haben den Schaden. Nicht Piëch, Porsche, Winterkorn, die sind mit Dividenden und Boni (Boni für Fehlentscheidungen!) gut gepolstert, die Piëchs und Porsches haben sogar noch einen draufgesetzt und den Vorstand in skandalöser Weise für 2015 entlastet. Geschädigt ist der Industriestandort Deutschland mit der Autoindustrie als Schlüsselbranche. Wer hier patzt, schädigt uns alle.