Ohne Fehl und Kabel?

Inserat der Firma V. in den Westfälischen Nachrichten vom 20.8.2016 (Ausschnitt)
Inserat der Firma V. in den Westfälischen Nachrichten vom 20.8.2016 (Ausschnitt)

Einzelhandel, Anspruch und Wirklichkeit

Da geht dem geprellten Kunden denn doch der Draht aus der Mütze. “25 Jahre” tönt es aus der Zeitungsanzeige des Designladens an der Stubengasse, “Ohne Fehl und Kabel” wird “innovative Lichttechnologie” angepriesen. Sauer stößt dem Kunden die Erinnerung auf an seine Kabel-Erlebnisse mit eben diesem Geschäft. Das sei der münstersche Vertreter, hatte die Deutschlandvertretung des renommierten dänischen Design-Lampenherstellers erklärt, dort solle man das Ersatzteil für die alte Design-Leuchte bestellen. Es ging um ein Stück Schnur, drei Meter Anschlusskabel genau genommen. Der Elektriker-Fachbetrieb, bei dem die Leuchte zur Reparatur lag, hatte geraten das Original-Ersatzkabel zu beschaffen.

Kein Problem, hatte der Kunde gedacht, die Deutschlandvertretung hatte ja schon die Artikelnummer genannt und lediglich zur Abwicklung des Kaufs an den münsterschen Vertreter verwiesen. Aber falsch: der erste – zugegeben freundliche – telefonische Kontakt mit dem münsterschen Vertreter führte erst einmal zu: nichts. Null Reaktion. Kann passieren, dachte der Kunde, und gab die Bestellung persönlich im Laden auf. Nun, auch das dauerte so seine Zeit, aber dann konnte er das Kabel abholen. 131 Euro, das war der Preis für drei Meter dreiadriges textilummanteltes Kabel und einen Plastikbaldachin. 131 Euro. Gezögert hatte der Kunde, ob er diesen Wucherpreis akzeptieren sollte, aber immerhin ging es um eine Design-Ikone, sie sollte wieder in originalem Glanz erstrahlen.

Dann kam die Stunde der Wahrheit. Dies Kabel, erfuhr der Kunde bei seinem Elektro-Fachbetrieb, war keineswegs identisch mit dem alten Kabel – und die Montage ist in Deutschland nicht zulässig.
Reklamation, Umtausch war angesagt, und vorsichtshalber kontaktierte der Kunde beide: Deutschlandvertretung und münsterschen Vertreter des dänischen Herstellers. Kein Problem, hieß es vom Deutschlandvertreter, wir schicken das richtige Kabel. Da war vom münsterschen Vertreter schon nichts mehr zu hören. Vorsicht Kunde sozusagen.

Damit ging die Sache in die nächste Runde: das nächste Kabel kam und passte genauso wenig. Es war falsch, passt nicht zu der Leuchte, deren Typ der Kunde haarklein angegeben hatte.

Kein Problem, dachte der Kunde (und den Gedanken hätte er sich sparen können), dann reklamiere ich eben noch einmal und fordere mein Geld zurück. “Ohne Fehl und Kabel”, wie die münstersche Firma so frech inseriert, hätte bedeutet, dass der Kunde das falsche Kabel zurückgibt und sein Geld erstattet bekommt. Nicht so bei der “Fehl und Kabel”-Firma an der Stubengasse. Die antwortet nämlich einfach nicht.

In solchen Fällen kann man das Gericht bemühen. Das kostet noch mehr Geld, als man bis jetzt schon verloren hat, und kostet noch mehr Nerven. Nach reiflicher Überlegung lässt man das. Aber vergessen kann man das nicht so leicht.

PS: Man kann auch einen anderen Weg versuchen: man schreibt den Edel-Leuchtenhersteller in Dänemark und seine Deutschlandvertretung an. Beide, beide ganz altmodisch auf Papier mit dem Ausdruck höchsten Bedauerns: über so besch… Kundenservice. Was dann passiert? Erst einmal gar nichts, einen Monat lang. Dann meldet sich die Deutschlandvertretung und kündigt Kulanz an, einen Paketschein für die Rücksendung. Der Kunde macht’s eine Nummer einfacher, steckt die nutzlosen Kabel in einen Umschlag und schickt sie auf eigene Kosten zurück. Der Plastikbaldachin (2-5 Euro?) passt nicht mit rein. Und dann? Gibt es erst mal wieder keine Antwort. Dann wird eine Gutschrift angekündigt. Dann wird das widerrufen, weil der Baldachin fehlt. Und dann: dauert es wieder. Ganz am Ende der Geschichte kommt tatsächlich etwas Geld. 50 Euro “Servicepauschale” hat sich der “ohne Fehl und Kabel”-Laden an der Stubengasse reingetan. Wenn das nicht Service ist…