Wie sieht's denn aus mit dem freien Sonntag?

Benachrichtigung der Stadt Münster zum Bürgerentscheid über verkaufsoffene Sonntage am 6.11.2016
Benachrichtigung der Stadt Münster zum Bürgerentscheid über verkaufsoffene Sonntage am 6.11.2016

Ihre Stimme ist gefragt beim Bürgerentscheid

Das Thema ist so alt und gleichzeitig so heiß: sollen / müssen / dürfen / mögen die Geschäfte auch am Sonntag offen sein? Nicht nur Brötchen und Blumen, sondern auch Bücher, Buxen und Braten am Feiertag kaufen? Hiltrup ist einer der Schauplätze für diese hitzige (und manchmal auch tragikomische) Diskussion. Die “inhabergeführten” Geschäfte an der Hiltruper Marktallee gehen pleite, wenn sie nicht sonntags aufmachen dürfen, wenigstens ein Adventssonntag muss unbedingt dabei sein. So schallt es laut und nachdrücklich aus einer Ecke. Sonntagsverkauf als Geheimwaffe gegen Amazon. Du sollst die Sonntagsruhe heiligen, und auch Hiltruper Angestellte ohne Kirchenbindung wollen am Sonntag ihre Ruhe haben, hören wir aus anderen Ecken. Und das werte Publikum? Liebt Spektakel aller Art, möglichst mit Bratwurst, Bier und Wein und – nicht zu vergessen – allerlautester Musik. Aber will das Publikum denn unbedingt bei Bratwurst, Bier usw. auch einkaufen?

Vor dieser Frage nach dem lokalen Interesse an Sonntagsverkauf steht eine andere Frage. Ladenöffnung geht in Deutschland nicht nach Lust und Laune, alles ist bei uns in Vorschriften geregelt. Der nordrhein-westfälische Landtag, also unsere gewählten politischen Vertreter haben das Thema längst und wiederholt ausgiebig diskutiert, das Ergebnis ist das aktuelle Ladenöffnungsgesetz. Paragraf 6 Absatz 1 sagt unmissverständlich: “An jährlich höchstens 4 Sonn- oder Feiertagen dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.” Mehr geht nur, wenn man Wallfahrtsort ist, aber davon ist Hiltrup – noch – weit entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat dies Gesetz gerade erst für Alle durchdekliniert: örtliches Fest, Markt oder Messe müssen im Vordergrund stehen, der Sonntagsverkauf darf dann als Anhängsel durchgehen. Umgekehrt wird kein Schuh draus, also Läden aufmachen und nebenbei ein bisschen Rummel geht nicht. Die Hiltruper Läden bleiben auch im Advent sonntags zu. Punkt.

Die Sache ist also eigentlich klar. Das Gericht hat für Alle verbindlich entschieden.

Worum kann es dann noch beim Bürgerentscheid gehen? Man könnte sich zurücklehnen, die Sache ist doch geregelt?

Nicht ganz. In zwei Richtungen muss man weiterdenken: einmal muss die münstersche Stadtverwaltung ganz klar gesagt bekommen, dass sie die Grundentscheidung des Landtags respektieren muss. Keine Mätzchen bitte, keine Genehmigungen erteilen und dann “schau’n wir mal ob jemand klagt”.

Die andere Richtung, in der weiterzudenken ist, betrifft den Landtag. Den möchten die Kaufleute nämlich gern unter Druck setzen nach dem Muster “Wir sind das Volk”. Eine überholte, gestrige, altbackene Vorstellung von einem angestaubten verschlafenen Sonntag sei das Ladenöffnungsgesetz, so agitieren manche Kaufleute und fordern eine Änderung des Gesetzes. Aber gibt es neben den Kaufleuten eine breite Zustimmung dafür? Wollen wir wirklich mehrheitlich unser Leben so kräftig verändern? Denn seien wir ehrlich: wenn die Geschäfte an der Marktallee sonntags offen haben, warum sollen dann nicht auch der Arzt und der Autohändler über den unabdingbaren Notdienst hinaus, aber auch der Angestellte in der KFZ-Zulassungsstelle am Sonntag arbeiten müssen? Wollen wir das?

Darüber muss man nachdenken. Die Informationsbroschüre der Stadtverwaltung mit den Argumenten der Ratsparteien finden Sie hier. Wenn Sie sich Ihr Urteil gebildet haben: gehen Sie am 6.11.2016 zur Abstimmung. Oder machen Sie’s schriftlich und beantragen Sie einen Abstimmungsschein. Das geht ganz einfach per Internet.